Planung und Investor: Wohnmobilpark am Windgfällweiher




samstag, 06.02.2021

Wenn Beliebtheit zum Fluch wird 

Ein Wohnmobilpark am Windgfällweiher soll wildes Campen unterbinden / Naturschützer fürchten Verschlimmerung des Problems
Der Wingfällweiher: In dem Waldstück zwischen Bundesstraße und Bahnlinie (rote Umrandung) könnte ein Wohnmobilpark entstehen. 
FOTO: HORST NILGEN 

Von Sebastian Heilemann 
LENZKIRCH
Der Windgfällweiher nördlich des Schluchsees hat sich in den vergangenen Jahren zu einem Touristenmagneten entwickelt. Nun plant ein Investor, einen Wohnmobilpark an dem beliebten Ausflugsziel zu bauen. Doch Naturschützer schlagen Alarm. Wie viel Andrang verträgt der Weiher?
Ein historisches Strandbad erlaubt das entspannte Baden fernab von überfüllten Schwimmbädern, ein Rundweg durch den Wald führt am Wasser entlang, am Südufer werkeln Biber an ihrem Bau. Der Windgfällweiher ist ein idyllischer Ort. Und genau das hat sich herumgesprochen. Die Folgen: zugeparkte Parkplätze und Waldwege, Wildcamper und jede Menge Müll. In einem Punkt sind sich alle Beteiligten einig: So kann es nicht weitergehen. Doch darüber, was aus dieser Erkenntnis folgen soll, ist die Uneinigkeit umso größer. 

Wenn Jens Borchers über die Situation um den Windgfällweiher spricht, fällt das Wort Anarchie. Der Betriebsleiter des Forstbetriebs Fürst zu Fürstenberg, der den Wald um den Weiher bewirtschaftet, beklagt die zugeparkten Waldwege und den Unrat im Wald, der die Forstarbeiten erschwere. Auch die Rettungswege in den Wald hinein seien nicht mehr gegeben – ein Sicherheitsproblem für die Waldarbeiter. Deswegen will Borchers auf einer drei Hektar großen Waldfläche zwischen Bundesstraße und Zugstrecke am Nordufer des Sees einen Wohnmobilpark nach amerikanischen Vorbild bauen. 115 Stellplätze mit reichlich Platz und der entsprechenenden Infrastruktur. „Wenn es eben nun mal so ist, dass das so attraktiv ist, dann hilft es nicht, einfach nur den Wald zu zu machen und Polizei aufzustellen, sondern man muss den Leuten ein Angebot machen", sagt Borchers. „Wir versuchen, diese wilden Verkehre in vernünftige Bahnen zu lenken."
„Wir werden auch eine kleine Zahl an Stellplätzen nicht akzeptieren." Dagmar Schäfer 
Das Problem aus seiner Sicht: In den sozialen Netzwerken werde der Weiher empfohlen als Camping-Standort, an dem wildes Campen nicht verfolgt werde und deshalb kostenlos möglich sei. Wenn es nach Borchers geht, stehe dort in Zukunft eher, wie viele Plätze noch frei sind und wie man buchen kann. Ist der Platz voll, werde er gar nicht erst angefahren. „Ich glaube, dass hinterher alle profitieren", sagt Borchers. Denn die Leute seien ohnehin schon da. Deswegen würde ein anderer Standort für die Situation am Windgfällweiher keine Entlastung bringen. 
Kaum wurden die Pläne Ende Oktober publik, bildete sich Widerstand. Eine Initiative aus Bürgern setzte eine Petition auf. Mehr als 3400 Unterschriften kamen bislang zusammen. Fast 1000 Kommentare zählen die Initiatoren auf der Internetseite. „Es trudeln ständig neue ein. Das Interesse ist ungebrochen", sagt Dagmar Schäfer, die zu den Gründern der Bürgerinitiative gehört. Ihre Befürchtung: „Man verschlimmert das Chaos, wenn man noch hunderte Leute dazu packt. Das ist keine Lösung", sagt sie. Neun Fledermausarten, Eidechsen, Schlingnattern, Ringelnattern, Kreuzottern, 24 Vogelarten, 22 Libellenarten, Schmetterlinge und Biber. All das sieht Schäfer in Gefahr.
Die Fläche befinde sich zudem in einer feuchten Senke und müsse aus ihrer Sicht für eine Nutzung aufgeschüttet werden. „Das heißt, ich muss es zerstören", sagt Schäfer. Deswegen fordert sie, die Pläne zu stoppen, ein generelles Parkverbot am Windgfällweiher und die Umwidmung in ein Naturschutzgebiet. 
Auch BUND, Schwarzwaldverein und die Kreistagsfraktion der Grünen zählen zu den Unterzeichnern der Petition. „Dadurch würde das für Einheimische,Touristen und Natur wertvolle Kleinod Windgfällweiher gefährdet oder gar zerstört. Die Grünen sind sich mit der Initiative einig, dass diese Missstände grundsätzlicher angegangen werden müssen", heißt es in einer Mitteilung der Fraktion. 
„Ich sehe die Diskussion momentan noch etwas verfrüht", sagt Andreas Graf, Bürgermeister der Gemeinde Lenzkirch, auf deren Gemarkung sich der Windgfällweiher befindet. Bislang gebe es lediglich ein Konzept und noch keinerlei Anträge oder Verfahren in der Gemeinde. Nur ein erster Termin mit dem Investor habe stattgefunden, bei dem dieser seine Idee vorgestellt hat. Man sei grundsätzlich offen für ein solches Projekt.
„Was bereits an Anregungen und Bedenken kommt, ist in Ordnung. Wir nehmen das zur Kenntnis", sagt Graf. Denn den sommerlichen Andrang auf den Weiher sieht auch der Bürgermeister kritisch. „Wir müssen da jetzt handeln, um das wieder in geordnete Bahnen zu lenken." Im Laufe des Februars werde das Konzept dem Gemeinderat zum ersten Mal vorgestellt. 
Bevor es weitere Planungen gebe, werde die Verwaltung ein Tourismuskonzept für die gesamte Gemeinde entwickeln. Erst dann werde man sich unter Umständen weiter mit dem Wohnmobilpark beschäftigen. „Die Frage der Dimensionierung ist berechtigt, und man muss untersuchen, wie viele Stellplätze der Windgfällweiher verträgt. Das ist die Kernfrage", sagt Graf. 
Denn ob es bei 115 Stellplätzen bleiben wird, ist unklar. Bei der Zahl handele es sich laut Borchers um eine erste Planung. „Das ist ein Entwurf und noch kein Endergebnis", sagt er. Für Dagmar Schäfer steht dennoch fest: „Wir werden auch eine kleine Zahl an Stellplätzen nicht akzeptieren." 


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