Solidarischer Weinbau - BZ Artikel mit Andreas Dilger

donnerstag, 14. mai 2020

Solidarischer Weinbau in Merzhausen 

Öko-Winzer Andreas Dilger belebt den Weinberg am Predigerplatz mit neuen Rebsorten / Unterstützer können Anteile kaufen
Von Jannik Jürgens 
MERZHAUSEN. Der Weinbau hat eine lange Tradition in Merzhausen, doch in den vergangenen Jahren haben mehrere Betriebe ihre Reben aufgegeben. Insbesondere am Becherwaldhang verdrängten Wohnhäuser die Reben. Der Freiburger Öko-Winzer Andreas Dilger hat nun den Rebberg am Predigerplatz wiederbelebt. Seine Idee: solidarischer Weinbau. Er möchte eine Partnerschaft zwischen Konsument und Produzent herstellen. Das sei deutschlandweit einzigartig. Bürgermeister Christian Ante unterstützt das Projekt. 
Der Rebberg

Die Fläche am Predigerplatz, oberhalb des Wohngebietes, grenzt an den Becherwald und ist gut 1,3 Hektar groß. Früher hatte hier das Weingut Isaak Reben. Auf einem Hektar möchte Dilger nun die pilzwiderstandsfähigen Rebsorten Sauvignac, einer Neuzüchtung zwischen Sauvignon und Riesling, und Satin-Noir, einer neuen Rotweinsorte, anbauen. Einen Teil der Reben hat er bereits gepflanzt, nun muss bewässert werden. Zudem soll es Versuchsflächen für neue Reben geben, darunter auch eine vom Freiburger Weinbauinstitut. Auf der restlichen Fläche sollen Sträucher, Bäume, Nistplätze, Insektenhotels und Trockensteinmauern entstehen. 

Den Vorteil der vom Schweizer Valentin Blattner entwickelten Rebsorten beschreibt Dilger so: „Sie können sich gegen den Echten und Falschen Mehltau wehren." Zu 80 bis 90 Prozent könne er damit auf ökologische Pflanzenschutzmittel verzichten. Im vergangenen Jahr hatte der Winzer bereits die alten Rebstöcke ausgerissen und die Fläche brach liegen lassen. Gedüngt wird durch Begrünung. Dilger hat Rotklee, Ölrettig, Winterroggen, Wicke, Phacelia, Kornrade sowie andere Kräuter und Gräser gesät. „Das baut den Boden auf und stellt den Reben alles nötige zur Verfügung", sagt Dilger. Der Winzer hat die Fläche von den Eigentümern gepachtet. 
Das Projekt

Dilger möchte solidarischen Weinbau betreiben. Das Konzept ist aus dem Gemüseanbau bekannt, doch im Weinbau sei es deutschlandweit ein Novum. Menschen können sich am Weinberg beteiligen, indem sie Anteile kaufen. Ein Anteil kostet 50 Euro im Monat, als Gegenleistung gibt es sechs Flaschen Wein aus Dilgers Betrieb nach Wahl. Man kann auch einen halben Anteil kaufen. Der Winzer möchte mit dieser Vereinbarung die Kosten für die Bewirtschaftung, die Ernte und die Weinherstellung unter den Mitgliedern aufteilen – wie auch den Wein. 
Er erwarte keine Mitarbeit in Weinberg oder -keller, wolle aber Aktionen und Informationen zu Ökologie und Weinbau anbieten. Insgesamt werden 100 Anteile verkauft. Vergangene Woche gab es etwa 30 Beteiligte und 50 Interessenten. „Wir sind froh, dass sich Weinbaubetriebe zukunftsfähig aufstellen", sagt Merzhausens Bürgermeister Christian Ante, der für die Gemeinde ebenfalls einen Anteil kaufen will. Der Weinbau sei ein wichtiger Teil der Merzhauser Kulturlandschaft und leiste einen Beitrag zum Erhalt des Artenreichtums. Das Projekt sei auch ein gutes Beispiel für modernes und nachhaltiges Wirtschaften. 

Die Perspektive

Ante hat zwei weitere Flächen im Blick, auf denen früher Weinbau betrieben wurde und die nun brach liegen. Sie grenzen an die Straße „Am Mühlebuck" und sind bei der Einfahrt von Au nach Merzhausen gut sichtbar. Die eine Fläche ist terrassiert, die andere eine Wiese. „Ich würde es begrüßen, wenn dort wieder Weinbau betrieben wird", sagt der Bürgermeister. Um vernünftig wirtschaften zu können, bräuchte es beide Flächen und eine Pachtdauer von 25 Jahren, sagt Dilger. Insgesamt haben die Flächen eine Größe von etwa zwei Hektar. Ante betont: „Das wird niemals Bauland werden. Es ist von der Gemeinde nicht gewollt." Zusammen mit dem Landschaftserhaltungsverband, dem Merzhausen beigetreten ist, möchte der Bürgermeister die Eigentümer und den Winzer einladen, um über eine Nutzung der brachliegenden Flächen zu sprechen. Es gebe dort eine Menge Möglichkeiten, die Artenvielfalt zu stärken – und lokalen Wein zu produzieren. „Wir müssen uns überlegen, welche Art der Landwirtschaft wir wollen", sagt Ante. Wenn man diese Entscheidung dem Markt überlasse, komme Monokultur mit wenig Artenvielfalt heraus. Und der Wein werde aus Südafrika importiert. Dilger sieht das ähnlich. Er habe das Privileg, für die Gesellschaft den Boden zu bearbeiten. Das Volksbegehren Biene habe zuletzt deutlich gemacht, dass viele Menschen gegen Pestizide seien. Doch wer eine andere Landwirtschaft wolle, müsse sie auch finanzieren. Quelle BZ 

Stichwort

Klimabeirat
Pfaffenweiler
Batzenberg 
Kooperation 
Frageviertelstunde

Weitere Informationen zum Projekt:  www.weingut-andreas-dilger.de