Ideen für mehr Mobilität im Hexental

im Rahmen der Recherche „Dorf hat Zukunft" folgende regionale Gemeinde und Schwerpunkte gefunden

Vom Mitfahrbänkle bis zum Bürgerbus: Ideen für mehr Mobilität im Hexental

Arbeitskreis "Klimaschutz Au, jetzt!"

Von Sarah Nöltner

Sa, 01. Februar 2020 um 11:25 Uhr

Au 

Der Arbeitskreis "Klimaschutz Au, jetzt!" lud zur Veranstaltung "Neue Mobilitätsideen für das Hexental" ins Auer Bürgerhaus. Vier Referenten berichteten von lokalen Mobilitätsprojekten

Die Veranstaltung hatte mit etwa 80 Interessierten regen Zulauf. Im Anschluss an die Referentenvorträge fand ein Bürgerdialog zu einem Verkehrskonzept für das Hexental statt. Ratsmitglied Matthias Seelmann-Eggebert moderierte die Veranstaltung.

Erfolgreiche Projekte


Mathias Kassel von der Stabstelle "Mobilität der Zukunft" der Stadt Offenburg stellte die Offenburger Mobilitätsstationen vor. Zwei Grundideen prägten die Entwicklung: das "Denken in Wegeketten" und die Idee "Nutzen, statt besitzen". Wie bewegen sich Menschen von A nach B, zu welchen Zeiten legen sie welche Wege wie zurück, wo liegt darin Optimierungspotential? Schnell war den Offenburgern klar, so erfuhren die Interessierten vom Vortragenden, Mobilitätsstationen, die den ÖPNV ergänzen, müssen auf diesen abgestimmt sein und eine Schnittstellenfunktion übernehmen.

Daher liegen die Stationen in unmittelbarer Nähe zu Haltestellen des ÖPNV und machen nach dem Ausstieg aus Bus oder Bahn die Weiterfahrt in einem Car-Sharing-Auto oder einem Leih-Fahrrad unkompliziert möglich. Um möglichst viele Menschen zu erreichen, wurde eine eigene Marke ("Einfach mobil") inklusive Logo kreiert, zudem sorgt ein einheitliches Design der Mobilitätsstationen für rasches Wiedererkennen.

Eine multipotente Mobilitätskarte soll den Umstieg von einem aufs andere Verkehrsmittel niederschwellig ermöglichen: Sie soll die Jahreskarte für den Bus ersetzen, Sharing-Autos sollen damit gebucht und freigeschaltet werden können, Räder sind damit ausleihbar, und für ÖPNV-Nutzer mit eigenem Rad soll die Nutzung des Radhauses und der Radboxen als sicherer Parkplatz möglich sein. Ziel ist es, das Projekt über Offenburg hinaus auf weitere Kommunen zu übertragen – das Interesse sei rege, sagte Kassel.

Im Schuttertal entwickeln sich seit eineinhalb Jahren Mitfahrbänkle als ergänzende Mobilitätsform. Lucia Eitenbichler berichtete aus dem Schuttertal, wo sich acht Gemeinden an der Ergänzung des ÖPNV durch Mitfahrbänkle beteiligen. Von Beginn der Überlegungen an setzten die Schutterwälder auf das Einbeziehen der Bürger und eine hohe öffentliche Präsenz, Eitenbichler sah darin einen Grund für die hohe Akzeptanz. Ihrer Erfahrung nach war es leicht, Mitfahrmöglichkeiten anbietende Fahrer zu finden, Mitfahrwillige zu finden, war nicht ganz so leicht. Hier spielen eventuell Sicherheitsbedenken eine Rolle. Dennoch, wer auf einem der bunt bemalten Bänkle sitzt, sitzt dort in der Regel nur kurz, Wartezeiten von maximal 15 Minuten hat Eitenbichler selbst erlebt. Die fahrenden und mitfahrenden Bürger erlebten diese Mobilitätsform als positiv, es entwickelten sich Gespräche und Kontakte, die es sonst nicht gäbe. Inzwischen stehen mehr als 20 Bänkle zwischen Lahr und dem Schuttertal, und es sollen mehr werden.

In Bad Krozingen fährt seit 15 Jahren der Bürgerbus. Stephanie von Detten, die seitens der Stadt den Bürgerbus betreut, berichtete von einem erfolgreichen Projekt. Ziel sei gewesen, die Bürger zu den Geschäften und zum Arzt zu bringen. Daran orientiert sich der Fahrplan, der bis heute zu den Geschäftszeiten den regulären ÖPNV Betrieb ergänzt. Von Detten betonte, es gehe nicht um Freizeitverkehr. Das Konzept "Bürger fahren Bürger" sei voll aufgegangen, es finde ein normaler Linienverkehr mit den Kleinbussen statt, den ehrenamtliche Fahrer möglich machten, außerdem finde im Bürgerbus quasi das Stadtgespräch statt.

Organisatorisch steht das Projekt auf drei Säulen: Die Stadtwerke Bad Krozingen fungieren als Betriebsführer und Verkehrsunternehmen, der Bürgerbusverein übernimmt die Organisation, den Fahrbetrieb stellen 52 ehrenamtliche Fahrer sicher. Vom Bürgerbus profitieren alle Beteiligen, sagte von Detten: Die Fahrgäste, insbesondere ältere Menschen, gewinnen an Mobilität, erleben das Verkehrsmittel als kundenorientiert, empfinden es als "Nachrichtenzentrale". Die Fahrer haben Spaß am Ehrenamt, Freude am Fahren und an der Gemeinschaft, in die sie eingebunden sind. Die Stadt hat ein Aushängeschild gewonnen, das zudem noch etwa 60 000 bis 80 000 Euro einspart.

Über das Mobilitätsnetzwerk Ortenau berichtete Sarah Berberich, Netzwerkmanagerin vom Beratungsbüro Endura kommunal aus Freiburg. Da Mobilität kommunale Grenzen überschreitet, ist eine regionale Vernetzung von Mobilitätskonzepten und -lösungen sinnvoll. Ziele hierbei sind Konzepte zum gemeindeübergreifenden Radverkehr, multimodale Systeme wie die Offenburger Mobilitätsstationen im interkommunalen Verbund und die Vernetzung der Angebote in einer App. Das alles soll mit Bürgerbeteiligung erreicht werden, die Erfahrungen zeigten: Involviert zu sein, mache allen Beteiligten Spaß und schaffe Akzeptanz.

Bürgerdialog


Die Wortbeiträge im Bürgerdialog ließen zwei Richtungen erkennbar werden: Die einen machten generelle Statements (man müsse über den eigenen Komfortanspruch, Erwartungen und das eigene Mobilitätsverhalten nachdenken), andere äußerten sich konkreter zu Bedürfnissen, Möglichkeiten und Problemen im Hexental. Dazu gehörte die Herausforderung für Horben wie Touristenströme bei Inversionswetterlage und künftig durch das Hotel Luisenhöhe, Radwege und ein zu teurer ÖPNV, dessen bisherige Taktung, die in der Nacht von Jugendlichen als "völlig ok" erlebt werde, von Pendlern in den Stoßzeiten hingegen als nicht ausreichend, ein Flickenteppich bei den Tempolimits in Ortsdurchfahrten, unterschiedliche Zuständigkeiten von Gemeinde und Landkreis. Als Ziel formuliert wurde, die interkommunale Zusammenarbeit zum Thema Mobilität über alle Ebenen hinweg gemeinsam zu organisieren.

Neben den Bürgern zeigten sich daran auch die anwesenden Bürgermeister, Gemeinde- und Kreisräte sehr interessiert.

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Ressort: Au

  • Zum Artikel aus der gedruckten BZ vom Sa, 01. Februar 2020:
  • Zeitungsartikel im Zeitungslayout: PDF-Version herunterladen
  • Webversion dieses Zeitungsartikels: Vom Mitfahrbänkle bis zum Bürgerbus
Info:
Gemeinde AU ( Breisgau ) mit ca. 1480 Einwohner 
Landkreis BH 

Stichwort 
gemeindeübergreifenden Radverkehr
Nachhaltige Mobilität
Mobilitätsprojekte
Mitfahrbänkle
BürgerBus
Klimabeirat 
Pfaffenweiler
Einladung 
Batzenberghalle 
Kooperation Arbeitskreis